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Soundwalk Türmer von Luca Sisera.

Die von Luca Sisera komponierte Klang­collage «Türmer» lebt von den Geschich­ten und Klangvor­stellungen zu den ehemaligen Churer Nacht­wächtern und Türmern. Der Türmer hauste hoch oben im Turm der Martinskirche und überwachte die Stadt Chur rund um die Uhr. Er schlug bei Feuer oder anderen gefährlichen Ereignissen Alarm – mit lautem Rufen und durch Anspielen seines Blasinstruments.

Die Nachtwächter waren ebenfalls musikalisch unterwegs und sangen stündlich die Zeit an. Auch sie hatten ein Trompetenhorn dabei, um zusätzlich auf ihre gesungenen oder gerufenen Mitteilungen aufmerksam zu machen. Die musikalischen Aktivi­täten der Nachtwächter wurden jedoch nicht von allen gleich geschätzt und sie wurden von der Bevölkerung wegen der hervorragenden oder eben auch fehlenden Vokalkunst gerne etwas spöttisch die «singenden Nachtigallen» genannt. Sie kontrollierten die Sperrstunden in den Wirtshäusern und die Pechpfannen, welche die Churer Gassen nachts in ein schummriges Licht tauchten. Doch ohne Feuer kein Licht. Das eine bedingte das andere. Eine Tatsache, die sich auf vielen Ebenen bis heute bewahrheitet.

Nicht nur die gegenseitige Bedingung von Feuer und Licht, auch der letzte Churer Türmer Michael Killias wird musikalisch aufgegriffen. Oder die Schneiderzunft, heute die Heimat der Klibühni, welche ab 1852 das offizielle Wachtlokal der Nachtwächter war, wird klanglisch eingebunden. Eine in der Komposition immer wiederkehrende Spieluhr soll die Zeitrufe, die Lebenszeit, die Vergangenheit und die Vergänglichkeit widerspiegeln. Die historisch erwähnten Misstöne werden beispielsweise einem präparierten, charmant-verstimmt klingenden Flügel entlockt. Aber auch gesellschaftliche Misstöne sind herauszuhören. Rufe und Nachtigall-Gesänge mischen sich mit Alarmsignalen und Schich­tungen von Blasinstrumenten. Soundausbrüche, Impro­visationen, aber auch die nächtliche Mystik werden bei «Türmer» vom JazzChur Team als einzigartiges Klangorgan vertont. Jeder für sich allein und auf seine unverkennbare Art und Weise aufgenommen, ohne Vorbereitung und komplett aus dem Moment heraus, mit einem Musikinstrument, singend, rufend oder mit alltäglichen. Der Komponist gab nur wenig Regieanweisungen und so kam eine äusserst vielschichtige, eingenständige und authentische Tonbibliothek zusammen. Basierend auf dieser Sammlung baute sich Luca Sisera sein «Instrument» und komponierte die interaktive Collage «Türmer». Die Komposition holt die Türmer und Nachtwächter von damals in einer musikalisch-kreativen Form in die Gegenwart. Die Herangehensweise nimmt den Kollektivgedanken und den Gruppengeist der Nachtwächter und Türmer auf. Und das Team von JazzChur ruft, wie ehemals die Wächter gewissen wohl nicht mehr ganz nüchternen Wirtshaus­gästen zu: «Und wer noch bei den Karten sitzt, dem bitt’ ich jetzt zum letzten Mal, es ist höchste Zeit!!» Passt dieser Zuruf irgendwie bestens zu manchen aktuellen Themen unserer Zeit?